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Heute vor 146 Jahren: Kirchweihschlägerei mit zwei Toten

 

VBB-Serie (Teil V) zur Geschichte Achslachs

Heute vor 146 Jahren: Kirchweihschlägerei mit zwei Toten

Von Benedikt Ebner

 

Achslach. Eine Schlägerei mit tragischem Ausgang – provoziert von auswärtigen Gästen – brachte das ansonsten friedliche Waldlerdorf Achslach auf den Tag genau vor 146 Jahren in die Schlagzeilen – nicht nur örtlich, sondern in ganz Bayern und darüber hinaus. Am 25. Juli, dem Namenstag des Achslacher Kirchenpatrons St. Jakobus dem Älteren, wurde ursprünglich das Kirchweihfest gefeiert. Der "Kirta" war, egal an welchem Wochentag, für die ländliche Bevölkerung ein Feiertag und eines der wichtigsten Feste im Jahr, hatte man sonst doch selten die Möglichkeit, bei Musik, Tanz, gutem Essen und natürlich auch beim Bier die Mühen des Alltags zu vergessen. Dass es nach so vielen leiblichen Genüssen auch oft zu Raufereien gekommen ist, ist anzunehmen. Über eine besonders Schlimme berichtete das Freisinger Tagblatt am 1. August 1869 Folgendes:

"Am 25. Juli war das liebliche Thal von Achslach in Niederbayern der Schauplatz einer Scene vollendeter Wildheit. Es war das Fest des Kirchenpatrons, des heil. Jakobus, welches dort mit besonderer Feierlichkeit begangen wird. Beim Wirth war Nachmittags Harmoniemusik und dabei entspann sich Abends nach 8 Uhr eine blutige und grauenhafte Rauferei. Mit Messern, Prügeln, Holzscheiten, Knütteln jeder Art wurde geschlagen, gestochen und geworfen, bis drei (Anm.d.Red.: tatsächlich waren es am Ende nur zwei) für todt auf dem Platze blieben".

 

Wie konnte es zu dieser grauenvollen Schlägerei an jenem Freitag-Nachmittag kommen? Was war die Ursache? Warum war auswärtigen Gästen die Teilnahme möglich, galt dieser Wochentag doch nur für die Achslacher als Feiertag, während allerorts Berufs- und Arbeitspflicht herrschten?

 

Ein halbes Jahr später, in seiner Ausgabe vom 25. Februar 1870, vermittelte der Passauer Donau-Anzeiger seinen Lesern ausführlich mit folgendem Original-Wortlaut das Geschehen des Prozesses, der am 22. Februar 1870 vor dem Straubinger Schwurgericht über die Bühne ging:

 

"Angeklagt sind H. Felix, 23 Jahre alt, Metzgersohn von Zwiesel, B. Wolfgang, 38 Jahre alt, Gütlersohn von Gotteszell und A. Anton-Sebastian, 23 Jahre alt, lediger Dienstknecht vom Wiedenhof, wegen Verbrechens der Körperverletzung. Der Thatbestand ist folgender: Im Wirthshaus zu Achslach, Ldge. Viechtach, fand am Jakobtage – 25. Juli verg. Jahres – zur Feier des Kirchweihfestes Harmoniemusik statt. Unter den zahlreichen Gästen befand sich im oberen Zimmer auch die Bräuersfrau, von welcher der Achslacherwirth das Bier bezieht und in ihrer Gesellschaft der beschuldigte H., dann Gg. Seiderer und Ferdinand Hannes, sämmtlich von Ruhmannsfelden, welche Erstere diesen das Bier bezahlte und bei ihrem Abgehen noch mehrere Maß für sie in ihre Zeche machen ließ. Um nun dieses noch in die Zeche gegangene Bier trinken zu können, setzten sich die Ruhmannsfeldener, zu denen sich der beschuldigte B. sowie Joseph Leitner gesellte, in das Flötz (Hausflur). Die Gesellschaft blieb hier ungefähr eine Stunde, ohne daß etwas Auffälliges vorfiel. Bei ihrem Fortgehen ließen sie sich nun von den Musikern, die bisher im unteren Zimmern waren und in welchem sich die Achslacher Burschen befanden, aufspielen, blieben dabei auf der Straße stehen und sangen dazu. Den Achslacher Burschen war – weil vorher die Musik für sie gespielt hatte, dies nicht recht und es gingen denn nun, die Musik wieder hineinzuholen, etliche von ihnen, darunter Sebastian A. heraus. Alsbald entspann sich zwischen den Ruhmannsfeldenern und Achslachern auf der Straße ein Streit, der in kurzer Zeit in eine Rauferei überging und so traurige Folgen hatte. Nach Beendigung lag von den Achslachern der Bauerssohn Michael Hartl mit zerschlagenem Schädel bewußtlos auf der Straße; er starb den anderen Morgen, ohne wieder zu sich gekommen zu sein. Von den Ruhmannsfeldenern lag Josef Leitner mit eingeschlagenem Schädel bewußtlos in der dem Wirthshause nahe Kalkgrube; er starb nach schwerem Leiden am 6. August. Ferner lag Ferdinand Hannes bewußtlos auf dem Boden, kam jedoch mit einer 12-14-tägigen Arbeitsunfähigkeit davon. Georg Seiderer hatte eine Kopfwunde, in Folge deren er zwanzig Tage arbeitsunfähig war. Außerdem erhielten noch mehrere Personen Verletzungen, so von den Achslachern Michael Aigner, in Folge deren er zwei Tage arbeitsunfähig war, desgleichen der Bauer Sixt mit fünf Tagen Arbeitsunfähigkeit. Der Schädel des Michael Hartl war von der hinteren Scheitelgegend total zerschmettert, er hat 5 Fissuren am linken, eine am rechten Ohre, 5 an der Pfeilnaht; zugefügt wurden die Verletzungen mittels gleichzeit geführter Hiebe von H. und B., ersterer mit einer Stange, letzterer mit einem Scheite Holz versehen; jeder dieser Hiebe war schon allein nothwendig todtbringend. Der Schädelknochen des Jos. Leitner war nach 3 Seiten hin geborsten, welche den Tod zur unmittelbaren Folge hatten. A. hatte dem Leitner die Verletzungen mit einer lange Stange zugefügt. Das Gleiche that er dem Seiderer und Hannes. Die Angeschuldigten gestehen theilweise und wollen namentlich so hochgradig betrunken gewesen sein, daß sie absolut nicht mehr zurechnungsfähig waren. A. will sich überdies in Nothwehr befunden haben. Die Geschworenen erkannten alle 3 im Sinne der Anklage, jedoch mit geminderter Zurechnungsfähigkeit in Folge Trunkenheit für schuldig, worauf der Schwurgerichtshof den H. und B. zu 4, den A. zu 5 Jahren Zuchthausstrafe verurtheilte". − ebAnm.d.Red.: Da von den drei verurteilten Totschlägern teilweise noch Nachkommen in der Region leben, wurden die Nachnamen abgekürzt.

 

Aufnahme

 

Eine der ältesten Lichtbildaufnahmen von Achslach. So dürfte der Ort zum Zeitpunkt der Tragödie, die sich auf den Tag genau vor 146 Jahren ereignet hatte, ausgesehen haben. − Foto: Archiv-Ebner