Lindenau – Ort von Flachs und Leinen
VBB-Serie (Teil IX) zur Geschichte Achslachs
Die Gemeinde war einst Zentrum der Leinweberei
von Benedikt Ebner
Auch Nachbarskind Anna half tatkräftig mit: Pfarrgemeinderatsvorsitzender Johann Helmbrecht (l.) und Kirchenpfleger Josef Edenhofer bei der Flachsernte im Achslacher Pfarrgarten. − Foto: Ebner
Achslach. Manch Spaziergänger entlang des Gotteszeller Weges mag sich in den letzten Wochen verwundert die Augen gerieben haben angesichts des seltsamen Gewächses, das da im Pfarrgarten in einem eigens angelegten Beet herangewachsen ist. Passend zum 900-jährigen Dorfjubiläum hatte Pfarrgemeinderats-Vorsitzender Johann Helmbrecht im Frühjahr die Idee, mit dem Anbau von Flachs eine alte und längst vergessene Ackerbaukultur wieder neu aufleben zu lassen.
Auch Kirchenpfleger Josef Edenhofer war von der Idee begeistert, zählt der Flachs doch zur ältesten Kulturpflanze der Erde. Nach erfolgreichem Anbau förderten beide durch intensive Pflege den Pflanzenwuchs und konnten sich nach viermonatigem Wachstum nunmehr über eine erfolgreiche Ernte freuen.
Bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts wurde das Landschaftsbild der Achslacher Gegend vom blühenden Flachs (Lein) geprägt. Neben dem Anbau selbst waren die Bauernfamilien auch mit seiner weiteren, mühseligen und zeitaufwändigen Bearbeitung beschäftigt. Flachs wurde angebaut und nach der Feldarbeit zu Hause weiterverarbeitet. Über Jahrhunderte war die Leinenweberei ein zweites Standbein neben der Viehzucht.
Bescheiden waren die Einkünfte der Leinenweber, aber sie halfen, die Familien vor der größten Not zu schützen. Verdrängt wurde das Leinen im 19. Jahrhundert von der billigeren Baumwolle.
In welch großem Umfang der Flachsbau in der Achslacher Gegend betrieben wurde, zeigt laut Anton Trellinger eine im Landgericht Viechtach durchgeführte, amtliche Zählung, wonach im Gemeindebereich 132 Zentner Flachs im Jahr 1830 gewonnen wurden. Im Bereich des Landgerichts gab es damals 369 Leinweber und sechs Leinwandhändler.
Bekannt ist auch im heutigen Volksmund noch das "Brechhäusl" des Bauern Sixt, jetzt im Besitz von Daniela und Johann Müller. Jeder Bauer besaß zur Verarbeitung von Flachs ein solches Gebäude, meist in Holzbauweise, jedoch wegen der Brandgefahr weitab vom eigentlichen Hof. Laut Akten des Landgerichts wurden im Jahre 1700 die Bauern Peter Plötz und Stephan Maul aus Kogl mit Geldstrafen belegt, nachdem sie ihren Flachs nicht im Brechhaus, sondern im Backofen gedörrt hatten.
Mit größter Wahrscheinlichkeit ist auch der Ortsname des Dorfes Lindenau nicht auf einen Lindenbaum, sondern auf die Leinenherstellung zurückzuführen, nachdem der Ort in vielen Pfarrmatrikeln als "Linau" oder "Leinau" erscheint. Lindenau ist laut Trellinger demnach nichts anderes als eine Fortbildung des Namens Linau oder Leinau und erinnert daran, dass hier besonders Leinweberei betrieben wurde.
Im Rahmen des Jubiläumsfestes am kommenden Sonntagnachmittag, 6. September, sollen auch alte Handwerksberufe und bäuerliche Arbeitstechniken vorgeführt werden. Es wäre wünschenswert, wenn die Gäste auch einem Flachsbrecher über die Schulter schauen könnten.